Liebe Patientinnen und Patienten, Angehörige und Interessierte,
Herr Prof. Diel, Vorsitzender der Deutschen Osteoonkologischen Gesellschaft (DOG), beantwortet für Sie ausgewählte Fragen zum Thema Knochenmetastasen, Symptome, Diagnostik und Therapie per Video.
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Knochenmetastasen sind Absiedlungen von bösartigen Tumoren, beispielsweise aus der Brustdrüse, der Prostata oder der Lunge, die in das Skelett vorgedrungen sind und dort weiterwachsen. Typischerweise ist die Knochenmetastasierung ein Hinweis darauf, dass die Krankheit in einem fortgeschrittenen Stadium ist und dass man sie als chronisch bezeichnen kann.
Wie entstehen Knochenmetastasen?
Knochenmetastasen entstehen so wie andere Metastasen auch. Der Tumor, von dem die Metastasen ausgehen, hat Anschluss an das Gefäßsystem gefunden und kann darüber einzelne Zellen abgeben, die über das Gefäßsystem verteilt werden. Bei manchen Patienten setzen sich diese Zellen in Organen wie Leber, Lunge oder Knochen fest und nach einer gewissen Zeit können diese Zellen anfangen zu wachsen.
An welchen Stellen des Körpers können sich Knochenmetastasen befinden?
Knochenmetastasen bilden sich typischerweise im sogenannten Achsenskelett. Dieses besteht zum einen aus der Wirbelsäule, wo man Knochenmetastasen in der Tat am häufigsten finden kann. Zum Achsenskelett zählen auch die Rippen und der Beckenknochen. Weiterhin findet man Knochenmetastasen auch noch in den Oberarmen und Oberschenkelknochen, aber fast nie im Unterarm, Unterschenkel, Händen und Füßen.
Was ist der Unterschied zwischen Knochenmetastasen und Knochenkrebs?
Knochenkrebs ist eine Tumorerkrankung, die vom Knochen ausgeht, welche auch häufig als Sarkom bezeichnet wird. Eine Knochenmetastasierung hingegen ist eine Absiedlung von bösartigen Tumoren in das Sklelett. Diese Tumore liegen ursprünglich außerhalb des Skeletts, beispielsweise in der Prostata, der Lunge, der Niere oder der Brustdrüse.
Bei welchen Krebserkrankungen kommen Knochenmetastasten besonders häufig vor?
Prinzipiell kann jeder Tumor in den Knochen metastasieren, aber es sind fünf Tumorarten, die das außerordentlich häufig tun. Sie sind für etwa 90% aller Knochenmetastasen verantwortlich. Dazu zählen die Tumoren der Brustdrüse (Mammakarzinom), die Lungentumoren (Bronchialkarzinom), das Prostatakarzinom, die Nierenzelltumoren und Schilddrüsenkarzinom. Alle anderen Primärtumoren können das prinzipiell auch, dies kommt aber nicht so häufig vor.
Können Metastasen gleichzeitig in den Knochen und in anderen Organen auftreten?
Metastasen können gleichzeitig in verschiedenen Organen auftreten. Manche Patienten haben manchmal jahrelang zunächst Knochenmetastasen, bevor die Erkrankung in andere Regionen des Körpers vordringt. Umgekehrt können Patienten erst eine Organmetastasierung beispielsweise in der Leber haben und erst im weiteren Verlauf Knochenmetastasen entwickeln.
Was ist der wichtigste Hinweis auf Knochenmetastasen?
Der klassische Hinweis auf eine Knochenmetastasierung ist neu aufgetretener Knochenschmerz. Bei Krebspatienten sollten dann weitere Abklärungen durchführt werden.
Was können, außer Schmerzen, weitere Symptome für Knochenmetastasen sein?
Neben Knochenschmerz gibt es nur noch weitere, aber seltenere Symptome. Beispielsweise kann ein Knochenbruch, der ohne einen adäquaten Unfall aufgetreten ist, auf eine Knochenmetastase hinweisen. Seltener treten Stoffwechselstörungen auf, die einen erhöhten Kalziumspiegel zeigen oder ein angestiegener Wert am Tumormarkern. Auch starke Rückenschmerzen sowie motorische und sensible Ausfälle in den Beinen treten äußerst selten auf. Diese entstehen durch die Kompressionen des Rückenmarks oder der Wirbelsäule. Ebenfalls sehr selten können eine starke Müdigkeit oder Schwindelgefühl auf eine Metastasierung hinweisen, die durch eine Knochenmarkkarzinose entstehen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Den Arzt sollte man immer dann aufsuchen, wenn neue Schmerzen auftreten, die man noch nicht kennt und die vorher noch nicht abgeklärt wurden.
Wo beginnen Metastasen im Knochen?
Die allermeisten Knochenmetastasen beginnen im Knochenmark zu wachsen. Dieses füllt den Markraum im Inneren des Knochens und ist für die Blutbildung im Körper verantwortlich.
Warum beginnt die Knochenmetastasierung vor allem im Knochenmark?
Knochen und Knochenmark sind gut durchblutet. Deshalb finden sich Metastasen häufig in Skelettabschnitten, durch die besonders viel Blut fließt wie in der Wirbelsäule oder dem Becken. Zusätzlich fließt das Blut im Knochen langsamer. So können sich die Tumorzellen leichter an das Knochengewebe anheften. Weiterhin gibt es auch Hinweise, dass der Knochen ein für Tumorzellen günstiger Wachstumsboden ist.
Wie häufig treten Knochenmetastasen auf?
Studien schätzen, dass circa 65-75% der Patienten mit metastasiertem Brust- oder Prostatakrebs und circa 30-40% der Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs Knochenmetastasierungen entwickeln.
Welche Unterschiede gibt es bei Knochenmetastasen?
In Abhängigkeit von dem Ausmaß der knochenabbauenden und knochenbildenden Aktivität entstehen so genannte osteolytische, osteoblastische oder gemischte Metastasen. Osteolytisch aktive Metastasen bewirken einen Knochenabbau, wodurch lochartige Defekte im betroffenen Knochen entstehen. Diese kommen vor allem in Folge einer Brustkrebs- oder Lungenkrebserkrankung vor. Bei Betroffenen mit Prostatakrebs treten osteoblastische Metastasen auf. Hier überwiegt der Knochenaufbau, die Knochenmasse besitzt aber eine geringere Dichte als gesunder Knochen. Gemischte Knochenmetastasen weisen osteolytische und osteoblastische Aktivitäten auf. Am häufigsten kommen osteolytische und gemischte Metastasen vor.
Was ist eine Knochenmarkkarzinose?
Eine Knochenmarkskarzinose ist eine diffuse Absiedlung eines Tumors in das Knochenmark, was bei circa zehn von 100 Patienten vorkommt. Hierbei befallen viele Tumorzellen das Knochenmark und das stört die Blutbildung. Das kann dazu führen, dass weniger rote Blutkörperchen (Erythrozyten) im Blut vorhanden sind. Die Folge ist eine schlechtere Sauerstoffversorgung des Körpers und ruft unter anderem Müdigkeit, Schwindel und Atemnot hervor.
Wie wird das Skelett durch Knochenmetastasen beeinflusst?
Die Metastasen bewirken einen verstärkten Knochenabbau oder einen Aufbau von minderwertiger Knochensubstanz, sodass der Knochen nicht mehr so stabil ist wie im gesunden Knochen. Dies hat Brüche zur Folge, die auch bei normaler Belastung auftreten.
Typische Hinweise auf Knochenmetastasen sind Knochenschmerzen. Schmerzen im Skelett, die neu aufgetreten sind und einen bohrenden Charakter haben und im Liegen wie im Stehen gleich sind, können auf Knochenmetastasen hinweisen. Das ist aber kein sicheres Kriterium, denn oft werden Gelenkbeschwerden, insbesondere im Rücken, als Knochenschmerzen beurteilt. Jeder Patient, der neu aufgetretene Knochenschmerzen hat, sollte abklären lassen, ob eine Metastase die Ursache sein könnte.
Welche Diagnostikmöglichkeiten gibt es um Knochenmetastasen festzustellen?
Die diagnostischen Möglichkeiten sind vielfältig: in aller Regel findet man schmerzhafte Knochenmetastasen auch mit einer herkömmlichen Röntgenuntersuchung. Wenn das nicht aussagekräftig ist, sollte man ein Szintigramm durchführen. Die Methode kann allerdings nicht sicher zwischen Knochenmetastase und beispielsweise Arthrose unterscheiden. Deswegen sollte anschließend noch eine weitere Untersuchung mit Kernspintechnik (MRT) oder CT-Technik erfolgen.
Was ist ein Knochen-Szintigramm?
Das Knochen-Szintigramm ist eine Untersuchung mit gering strahlenden Stoffen, die über die Vene injiziert werden. An allen Stellen, wo sich die strahlenden Substanzen vermehrt anreichern, besteht der Verdacht auf eine Knochenmetastase. Allerdings kann es auch andere Gründe für eine Anreicherung geben, weshalb für eine eindeutige Diagnose zusätzliche Techniken eingesetzt werden müssen.
Die typische Untersuchung, um eine Knochenmetastase als solche zu erkennen und von gutartigen Strukturen zu unterscheiden, ist die Kernspintechnik (MRT). Sie genügt in aller Regel um zu erkennen, ob eine Knochenmetastase vorliegt. Weiterhin wird ebenfalls die CT-Technik verwendet, welche allerdings auf Röntgenstrahlen beruht. Somit ist also eine gewisse Strahlungsbelastung vorhanden. Die CT-Technik ist zum Beispiel besser geeignet, um zum Beispiel eine Bruchgefahr des Knochens festzustellen zu können.
Eine Blutuntersuchung auf bestimmte, mit Knochenmetastasen zusammenhängende Marker kann als diagnostisches Hilfsmittel bei Knochenmetastasen eingesetzt werden. Im Normalfall liefert diese aber keinen eindeutigen Beweis für die Diagnose von Knochenmetastasen. Die Ergebnisse sind oft zu unspezifisch, da sie auch durch andere Erkrankungen verändert sein können.
Wie/Warum entstehen Schmerzen bei Knochenmetastasen?
Schmerzen entstehen, wenn durch das Wachstum der Metastasen die empfindliche Knochenhaut gedehnt wird. Eine weitere Ursache können schmerzauslösende Botenstoffe sein, die von den Tumorzellen ausgeschüttet werden.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Tumormarkern und Metastasen?
Metastasierungen können das Niveau von Tumormarkern erhöhen, da diese am Absiedlungsort wachsen und mehr Tumorzellen die Tumormarker ausschütten. Eine Erhöhung dieser Marker kann somit ein Hinweis auf eine Knochenmetastasierung sein. Zusätzlich verändert sich bei Knochenmetastasen der Spiegel an Markern, die speziell auf einen Knochenaufbau oder –abbau hinweisen.
An welchen Stellen machen Knochenmetastasen mehr Probleme, an welchen weniger?
Knochenmetastasen am tragenden Skelett wie der Wirbelsäule oder dem Oberschenkelknochen bereiten mehr Probleme, da diese auch bei einer normalen Belastung zu Brüchen führen können. Metastasierungen am nicht-tragenden Skelett wie an den Rippen sind davon nicht so häufig betroffen, können jedoch auch zu Schmerzen führen.
Was bedeutet Knochenschutztherapie?
Die antiresorptive Therapie, auch Knochenschutztherapie genannt, hat das Ziel die Metastasierung in den Knochen zu verzögern sowie Schmerzen zu lindern und damit die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Eine Knochenschutztherapie wird angewendet, wenn sich die Knochendichte aufgrund bestimmter Krebsmedikamente verringert. Die Knochenschutzmedikamente verzögern den Knochenabbau und wirken einer Zerstörung des Knochens entgegen.
Was bedeutet Strahlentherapie?
Strahlentherapie ist wichtig bei der Behandlung von Knochenmetastasen und sollte rechtzeitig eingesetzt werden. Die Strahlentherapie ist die äußere, energiereiche Bestrahlung durch die Haut, welche die Tumorzellen zerstört. Die Therapieform hat große Vorteile: Sie senkt den Knochenschmerz und zerstört vorhandene Tumorzellen in den Metastasen.
Die Knochenschutztherapie wird nicht zur Prophylaxe eingesetzt, sondern erst, wenn Knochenmetastasen diagnostiziert werden.
Können andere Therapien mit der Knochenschutztherapie kombiniert werden?
Wichtig bei der Behandlung von Knochenmetastasen ist ein Erreichen der Schmerzfreiheit. Dazu sollte man unterschiedliche Therapieformen kombinieren. Dazu kann man parallel zur Einnahme von Schmerzmedikamenten eine Bestrahlung und eine Knochenschutztherapie einsetzen.
Wie sieht die Behandlung von nur einer oder wenigen lokalisierten Metastasen aus?
Bei einzelnen Metastasen, die selten vorkommen und bei wenigen lokalisierten Metastasen greift man vor allem zu einer Strahlentherapie, die begrenzte Stellen gut therapieren kann. Zusätzlich ist eine knochenschützende Therapie sinnvoll.
Wie behandelt man multiple Metastasen?
Finden sich Metastasen an mehreren unterschiedlichen Stellen des Körpers, ist eine medikamentöse Therapie mit Radionukliden oder knochenschützenden Medikamenten sinnvoll. Hier verteilen sich die Wirkstoffe und helfen bei großflächigen, diffusen Absiedlungen.
Ab wann sollte man mit einer Vorsorge gegen Knochenmetastasen beginnen?
Medikamente, die Knochenmetastasen verhindern können, stehen derzeit nicht zur Verfügung. Die Knochenschutztherapie wird nicht zur Vorsorge eingesetzt, sondern erst, wenn Knochenmetastasen diagnostiziert werden. Ein Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, ausreichender Kalzium- und Vitamin-D-Zufuhr sowie leichter sportlicher Betätigung kann aber die Knochenstabilität unterstützen.
Was kann man tun bei Schmerzen, die von Knochenmetastasen ausgehen?
In vielen Fällen können die Schmerzen durch eine Bestrahlung der Knochenmetastasen ausreichend gelindert werden. Auch durch knochenschützende Medikamente und Radionuklide wird das Auftreten von Schmerzen verzögert und verringert. Bei Bedarf werden entzündungshemmende Substanzen und stark wirksame Schmerzmittel wie Opioide eingesetzt.
Wie sehen die jeweiligen Nebenwirkungen aus?
Bei der Strahlentherapie kann es zu Übelkeit und in Abhängigkeit der Eindringtiefe bei höheren Bestrahlungsdosen zu Hautschäden kommen. Die Radionuklidtherapie kann das blutbildende System beeinträchtigen, was zu einer vorübergehenden Blutarmut, zu Problemen mit der Immunabwehr oder zu Störungen der Blutgerinnung führen kann. Knochenschützende Medikament können in seltenen Fällen eine so genannte Kieferosteonekrose zur Folge haben. Hierbei handelt es sich um ein Absterben von Knochengewebe im Kieferbereich. Weiterhin kann es zu einer sogenannten Hypokalzämie kommen, was ein verringerter Kalziumgehalt im Blut bedeutet. Die Folge sind beispielsweise Muskelkrämpfe.
Wie werden die einzelnen Medikamente verabreicht?
Die Bestrahlung erfolgt von außen durch die Haut. Radionuklide und manche Bisphosphonate werden als Infusion verabreicht. Denosumab wird als Injektion unter die Haut gegeben, eine intravenöse Gabe ist nicht erforderlich.
Stimmt es, dass man selbst mit Knochenmetastasen Sport machen kann?
Auch mit Knochenmetastasen kann man mit Vorsicht Sport treiben. Dabei sollte man mit dem behandelnden Arzt Rücksprache halten, um eine Bruchgefahr des Knochens auszuschließen. Zieht der Muskel durch eine Bewegung am Knochen, ist dies ein Wachstumsreiz für den Knochen. So kann das Wachstum von Knochenmetastasen sogar verzögert werden.
Was kann ich selber tun, um die Therapie optimal zu unterstützen?
Es ist für den Patienten sehr wichtig, dass sich einen Arzt um die Krankheit kümmert, dem man vertraut und der weiß, wie man Knochenmetastasen behandelt. Ansonsten helfen Sport und Bewegung, eine kalziumreiche und ausgewogene Ernährung und eine zusätzliche Einnahme von Vitamin D.
Gibt es zusätzliche Medikamente, die ich nehmen sollte, um die Knochen zu unterstützen?
Eine zusätzliche Zufuhr von Kalzium und Vitamin D kann die Knochengesundheit auch bei einer Knochenmetastasierung unterstützen, insbesondere wenn eine Knochenschutztherapie durchgeführt wird. Weitere Informationen können vom behandelnden Arzt eingeholt werden.